Liller Halle
Viele Besucher des Technik Museum Speyer halten die Boeing 747 auf dem Freigelände für das volumenmäßig größte Exponat des Museums - doch weit gefehlt: Die denkmalgeschützte Liller Halle, eine Ausstellungshalle des Museums, ist ein markantes Beispiel der Industriebaukunst zwischen Jahrhundertwende und dem 1. Weltkrieg und somit selbst ein herausragendes Exponat der Sammlung.
Die Geschichte der Liller Halle*
Erbaut wurde die Halle 1913 in Lesquin bei Lille (Nordfrankreich) im Auftrag der Firma Thomson (Houston, USA). Doch lange sollte sie dort nicht stehen. Als die in Speyer angesiedelten Pfalz-Flugzeugwerke 1917 daran dachten, auch sogenannte Riesen-Flugzeuge für das Militär zu fertigen, war man auf der Suche nach einer passenden Fertigungshalle. Aber woher das Material mitten in der Kriegszeit nehmen? Die Ressourcen eine neue Halle zu bauen waren zu knapp. Aus diesem Grund hielt man in den Besatzungsgebieten Ausschau und wurde in Nordfrankreich fündig.
Die Halle in Lesquin wurde von den deutschen Truppen komplett demontiert, nach Speyer transportiert und wieder aufgebaut. Das fünfschiffige Gebäude hat eine Grundfläche von knapp 8.000 m² und besteht aus einer Eisen- bzw. Stahlkonstruktion, deren Gerippe mit Ziegeln fest vermauert ist. Ihr Gewicht wurde auf 700 Tonnen geschätzt. Nach ihrem Wiederaufbau im Jahr 1918 war die Halle jedoch nicht lange in deutscher Hand. Nach Ende des Ersten Weltkrieges, im Dezember des gleichen Jahres, zog das französische Militär ein und belegte die Liller Halle mit seinem militärischen Automobilpark. 1926 ging die Liller Halle und das Gelände der ehemaligen Pfalz-Flugzeugwerke wieder in Deutschen Besitz über. Von 1937 bis 1945 diente sie den neu gegründeten Flugzeugwerken Saarpfalz zur Instandsetzung und zu Herstellungsarbeiten für die deutsche Luftwaffe. Nach dem Zweiten Weltkrieg belegte jedoch wieder das französische Militär das Gelände. 1956 wurden die meisten alten Gebäude abgerissen und stattdessen Kasernenbauten für französische Soldaten errichtet. Es blieben nur das Kesselhaus, die Liller Halle und das Verwaltungsgebäude (heutiges Museum Wilhelmsbau) übrig. Von 1961 bis 1984 übernahm das erste Regiment der Spahis das Kasernengelände. Doch auch diese Ära ging zu Ende.
Nach Abzug der französischen Truppen wurde alles, als ehemaliger Besitz des Deutschen Reiches, an das Bundesvermögensamt übergeben. Das Gelände und die dazugehörigen Gebäude standen ab diesem Zeitpunkt leer. Da das Areal nicht genutzt wrude, verwahrloste es allmälich. Obdachlose hausten in den Kasernen, ein Zirkus überwinterte in der Liller Halle, Fenster wurden eingeschlagen, Wände beschmiert und große Teile des heutigen Wilhelmsbau fielen einem Brand zum Opfer. Wo einst Flugzeuge hergestellt wurden, bot sich nun ein Bild der Zerstörung. Doch dies sollte sich ändern. Mit dem Kauf des Geländes durch den Museumsverein wurde der Grundstein für das Technik Museum Speyer gelegt. Im August 1990 begannen die Renovierungsarbeiten.
Es musste viel getan werden. Rund 100 Container Müll und Schutt wurden entsorgt, 1.500 Glasscheiben und 7.000 m Elektrokabel verbaut. Alleine für den Innen- und Außenanstrich der Liller Halle benötigte man 26 Tonnen Farbe. Doch all der Aufwand und die Mühe hatten sich gelohnt, denn am 11. April 1991 konnten wir das Technik Museum Speyer, mit der Liller Halle als Ausstellungshalle, offiziell eröffnen. *Quelle: Luftfahrtgeschichte in und um Speyer von Jürgen Michels und Peter Seelinger & Museumsgeschichten aus den Technik Museen Sinsheim und Speyer
Seit Oktober 2008 ergänzt eine moderne Raumfahrthalle mit einer Ausstellungsfläche von 9.000 qm das Technik Museum Speyer und stellt den optischen Gegenpol zur historisch anmutenden Liller Halle dar.